Bruchhausen-Vilsen
Deutscher Eisenbahn-Verein e.V.
Wenn Sie sich ein wenig auf dieser Seite umgesehen haben, dann sind Ihnen ganz sicher die
Verweise auf den "Deutschen Eisenbahn-Verein e. V." (DEV) in Bruchhausen-Vilsen aufgefallen,
als dessen Fan wir uns bereits an vielen Stellen zu erkennen gegeben haben.
Aufmerksam geworden sind wir auf diesen Verein durch eine bei der Bremer Bürgerpark Tombola im Jahr 1994
gewonnene Fahrkarte für eine Zugfahrt in Bruchhausen-Vilsen. Seit dieser ersten Begegnung mit dem DEV waren
wir immer mal wieder zum Fahren oder Fotografieren vor Ort. Die nachfolgenden Anmerkungen zur Entstehung des
DEV habe ich u.a. dem Sommerfahrplan aus dem Jahr 1994, den ich im Original seit unserer
ersten Fahrt aufbewahrt habe, und der aktuellen Internetpräsenz entnommen. Weitere Informationen zur
Eisenbahngeschichte entstammen aus dem Buch "Geschichte der Klein- und Privatbahnen" aus dem Transpress-Verlag
aus dem Jahr 1995.
Wie es dort heißt, war das deutsche Eisenbahnnetz um 1890 weitgehend flächendeckend fertiggestellt.
Um auch die abgelegenen Gebiete zu erschließen wurden dazu unzählige Klein- und Nebenbahnen gegründet.
Diese wurden sowohl auf der Regel- oder Normalspur von 1.435 mm als auch in diversen Schmalspuren -
die kleinste Spurweite betrug lediglich 600 mm - relativ kostengünstiger zur
Normalspurvariante erbaut. Kostete ein Kilometer Hauptbahn 1888 in der Ebene ca. 150.000,- Mark, so waren
für einen vergleichbaren Kilometer auf der Nebenbahn in der Spurweite 1.000 mm "nur" ca. 30.000,- Mark
erforderlich. Dies hing u.a. mit der gegenüber der Normalspur geringeren Tragfähigkeit der Gleise und
den begrenzten zulässigen Höchstgeschwindigkeiten zusammen.
Diese Kleinbahnen entwickelten sich zunächst prächtig. Streckenlängen von bis zu weit über 100 Kilometern
waren nicht einmal eine besondere Ausnahme (Ruppiner Eisenbahngesellschaft mit 213,62 und die
Süddeutsche Eisenbahngesellschaft mit 193,44 Streckenkilometern im Jahre 1936). Befördert und transportiert
wurde Mensch und Tier und alle Güter von fest bis flüssig. Das zunächst langsame Sterben der Bahnen begann in
den 1950er Jahren. Immer mehr Bahnen wurden unrentabel; das Kraftfahrzeug und die steigenden Anforderungen an
die Geschwindigkeit stellten die Kleinbahnen zunehmend auf das Abstellgleis. Ihre Zeit war vorbei. Selbst ein
Lanz Eil-Bulldog war mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 40km/h schneller, als die oftmals nur max. 25km/h
langsamen Züge.
In dem Bewusstsein, dass diese einzigartigen Zeitzeugen deutscher Eisenbahnhistorie nicht einfach so
von der Bildfläche verschwinden dürfen, hat eine kleine Gruppe Hamburger Eisenbahnfreunde im Jahre 1964
geradezu Visionäres geleistet, als sie beschlossen, den "Deutschen Kleinbahn-Verein" (DKV) zu gründen, aus dem dann 1967
der "Deutsche Eisenebahn-Verein" (DEV) wurde. Als treibende Kraft galt und gilt (!) Herr Harald O. Kindermann
(Jahrgang 1934!).
Zunächst bestand nur diese Idee, diese Schätze der Deutschen Geschichte zu bewahren. Aber schon 19 Monate
spater wurde ihre Idee bereits Realität. Am 2. Juli 1966 konnte auf der 8 Kilometer langen Meterspurstrecke
(Schmalspurstrecke) der damals noch von den Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoja (VGH) betriebenen Güterverbindung
von Bruchhausen-Vilsen nach Asendorf die "Erste Museums-Eisenbahn Deutschlands" eröffnet werden.
Sie ist somit das "älteste deutsche Eisenbahn-Freilichtmuseum".
Seit den ersten Tagen ist der Fahrbetrieb ein wesentlicher Bestandteil dieses Museums in Bewegung. Ein anderes
Museum in der Region hat ein ähnliches Konzept - historische Fahrzeuge nicht starr und abgestellt zu zeigen,
sondern im Betrieb. Gemeint ist das mobile Fahrzeugmuseum in Sittensen. Die Sammlung von Alga hat sich ebenfalls
zum Ziel gesetzt, historische Fahrzeuge (Lastwagen) in Bewegung zu halten. Getreu dem Motto, was rastet, das
rostet.
Im Lauf des nunmehr 50-jährigen Bestehens hat der DEV mehr als 90 meterspurige, größenteils
betriebsfähige Kleinbahn-Fahrzeuge zusammengetragen. Darunter 7 Dampflokomotiven (inkl. einer Malletlok in Aufarbeitung),
5 Diesellokomotiven und 6 Triebwagen. Gästen sind an Fahrtagen mehr als 70 Personen-, Güter- und Bahndienstwagen zugänglich.
Eine Garnitur schöner einladender Wagen steht zur Abfahrt nach Asendorf bereit. Die Klimatisierung
erfolgt energiesparend durch die Fenster und Polster können in der Holzklasse nicht aufgeschlitzt werden.
Im Bild ist ein Zug aus Richtung Asendorf kommend zu sehen (daran zu erkennen, dass alle Züge
in Richtung Asendorf mit Lok/Schornstein voraus fahren). Wäre dies eine ICE-Trasse, so
würde man den wackeren Fotografen als lebensmüde klassifizieren - die Sogwirkung der DEV-Züge ist
jedoch relativ gering.
Mächtig viel Dampf bei der Vorbeifahrt eines Zuges aus Richtung Bruchhausen-Vilsen.
Eine der Stärken des DEV ist, dass man auf dem weitläufigen Gelände selbst bestimmen kann,
was man sich einmal näher anschauen möcht; keine Gitter oder Absperrungen verbieten den Zutritt.
So gelangt man "hautnah" an alle Fahrzeuge heran und kann in aller Ruhe schauen und bestaunen.
Hier ist die Versorgung von Maschine (Kohle und Wasser) sowie die Entsorgung von Menschlichem
auf engstem Raum vereint. Dahinter ist die große Fahrzeughalle zu erahnen.
Dies ist der Triebwagen T 42 der Dessauer Waggonfabrik, der 1939 gebaut wurde und seit 1974 im
Besitz des DEV. Ein sehr schön und liebevoll restauriertes Fahrzeug, das mit Spendengeldern
von der Reichsbahn der DDR erworben wurde.
Hier ist deutlich zu sehen, in welchem Zustand so manches Fahrzeug beim DEV eintrifft. Da bedarf es unzähliger
freiwilliger Arbeisstunden und einer gehörigen Portion Enthusiasmus aus diesem Fahrzeugwrack wieder ein
funktionierendes Verkehrsmittel zu machen. Dafür alle Achtung!
Bei dem abgebildeten Fahrzeug handelt es sich um einen in Berlin im Jahr 1925 gebauten Triebwagen, der u.a.
auf Sylt von 1957 bis 1971 seinen Dienst versah. Momentan fehlen die Mittel, um dieses Fahrzeug wieder Instand zu setzen.
Was die engagierten Museumsbahner im Moment, gemäß der Aussage eines in Bruchhausen-Vilsen wohnhaften Kollegen
dringend benötigen, sind Mitglieder und Förderer. Also eher einsteigen, wenn sie Liebhaber von mobiler
Eisenbahnromantik sind. Auch Nachwuchs ist gefragt.
Da sind wir wieder bei dem "klassischen" Problem, das die echten Eisenbahner und die Modellbahner verbindet:
sie sterben langsam aber sicher aus. Die heute noch jungen Menschen kennen einfach nicht das Gefühl neben
einer unter Dampf stehenden Maschine zu stehen; sie haben das Dampfzeitalter nicht miterlebt und können auch
nicht nachvollziehen, wie eng ein Heizer und der Lokführer mit "ihrer" Maschine verbunden waren (Titularprinzip).
Schade, aber nicht zu ändern.
Noch ein Hinweis: Im KellnerVerlag, Bremen ist im Jahr 2014 ein wirklich tolles Buch über die Eisenbahnen
in der Grafschaft Hoya und den DEV herausgekommen. Tilel: Kleinbahndampf in Bruchhausen-Vilsen; Autor: Manuel Dotzauer